24.2.15

Weihnacht in Grocassian



Lange gelebt,
doch nicht genug.


Den Himmel hab ich noch nicht ausgemessen, sagt Knopf-Inspektor Grocassian. Er nimmt ein besonders großes, besonders grünes Exemplar unter die Lupe. Trachtenanzug neue deutsche Betriebswirtschaft. In Ordnung. Klein, rot und rund leuchtet einer vom Dirndl Schnäppchen-markt. Kann man nehmen. Ein blauer Sarkophir schimmert wie ein avantgardistisches Schmalzbrett. Und der gelbe Kriecher vom leeren Schreibtisch kommt auch noch mit in die Tüte.

Er muß sich beeilen. Heute Abend wird Jesus gelyncht oder Bombay platt gemacht. So genau weiß man das heutzutage nicht mehr. Das Zeug muß jedenfalls noch unter die Leute. Grocassian packt zusammen und macht sich auf zum Weihnachtsmarkt. Die Händler warten schon ungeduldig. Seit die Börse zusammen gebrochen ist, werden nur noch seine geprüften Teile als Zahlungsmittel akzeptiert.
Am Stadttor stehen zwei schwarz gekleidete Bodyguards von Hartz IV und einer elektronischen Kundenabzocke und verlangen 20% auf alles. Er gibt etwas dunklen Flaum vom Damenschenkel. Ein sauberes Kraut aus dem Boston der Kriegsbeter für ein starkes Pfeifchen Putin.

Es öffnen sich die Tore der Heimat. Schon duftet es nach Advent. Ein Chor von Preisgekrönten singt den Dialekt. Schmuck und Rotes vom Schwein, duftende Dividenden und Spezereien vom Pack locken zum Kauf. Juroren weinen, Models und Enthirnte wählen den Superdrög. Du bist in der Zukunft angekommen.

Schau, ein warmes Gedicht, lach nicht: es leuchtet wie Kerzen. Spekulatius und immer Hellinger verzaubert ein Heiler die Herzen. Engel lächeln aus Börsen, Lust preßt sich in ein Dirndl, der Stand quietscht im Regen, Gott gibt den Segen für Glühwein und Arthritis. Es ist eine Lust, es ist Bad Tölz.
Schau her: es locken Plätzchen aus Backblechen der Depression, Glühwein vom 1-Euro-Job, süßes Vergessen von Hiroshima und das Karrieren springende Pfefferkuchenpferd aus dem Swingerclub "fröhliches Rheinhessen". Die Partei hat die Provinz entdeckt.

Liebliche Mainzer Hausmadonnen preisen ihre Falten an, Engel des Eso wetzen sich am Lügenstein und legen Zimtsterne im Labyrinth. Ein Strauß aufgedunsener Rentiere nickt lustig mit Al-Kaida-Zipfeln zum Hip-Hop der Glatzenband. Man kredenzt Edles vom Blut und gegenüber röhren zwei blöde Fernsehhirsche Musicalbesoffenheiten. Auf der Großleinwand rollen mundartige Vergnügtheiten. Der Gemeinsinn brummt einen Lynch dazu.

Die Republik flüchtet vom Forum. Ein Feuerwerk der Langweile steigt in die lange Nacht der Insolvenzen. Als sie den Starter betätigt, setzt der Verstand aus.

Da schnuppern verrückte Samtpfoten Erfolg, Herbsttristesse und immerwährende Freund-schaft, da treffen sich die rheinhessischen Bestandspfarrer zu Messias und Nußknacker. Die Luft ist ein wenig stickig. Das Telefon klingelt im Sekundentakt. Die Partei zur gegenseitigen Förderung ruft nach kostengünstiger Ehrung von Verdiensten. Bratwurst und Glühwein, Altern und Sterben feiern erfolgreiches Mobbing und die Erinnerung an die Hoffnungen der Kindheit.

Das Märchen beginnt. Ich beende frohes Fest. Laß uns ein Licht anzünden.
10.12.08 Klaus Wachowski

9.2.15

Schlapöcher radöln



 - Dies ist ein Kiesweg aus rundgescheuerten blanken Worten des Jerry Cotton, der Liebe, die dem Grauen trotzt, der RAF und der neuen Gottesdiskussion. Die Musik dazu kommt von der kleinen Jenny Superstar, ganz swungen

Plötzlich ein unheimliches Knacken als Schatten.
Dann verfandelt heftiger Regen eine Aktion der Metropolenguerilla. Es ist die kollektive Befreiung eines Revolutionärs, eines Kaders Wille, Fähigkeit und Führung. Wir konvöluten viele Lösungen.
Das junge Mädchen mit dem trist rabenschwarzen Schulterhaar, den dunklen Augen, Teint und Lippen spürt die grausige Gänsehaut kribbelnd den Rücken hinauf. Sie radölt eine von Schlapöchern übersäte Straße.
Irgendwie fühlt sie Kerle mit Sargschauder. Ihre Phantasie lässt merkwürdig veranlagte Gedanken frei. Und Cotton, dieser Wahnsinns-Jaguar, stemmt seine hundert Kilo aus dem Sessel.
Cotton, sind Sie es? brummt eine Männerstimme aus dem Gott sei Dank. Der rundliche kleine Mann dreht den Knauf an den Kopf, bis der Tod uns scheidet, Baby!
Der Doorman blickt uns kopfschüttelnd nach, während der Jaguar durch eine Gasse jagt. Der Urknall kommt Grüß Gott. High hat alles arrangiert: Proletariat und Unterwerfung. Halt suchend rudert er Arme, was Schmerz ist oder Schock. Die Tür hat ihn an der Stirn schwarz vor Augen. Davor hat er mit einer Kanone nachts an sein Bett schleichen und grinsend abdrücken. Und ein noch engeres weißes T-Shirt aus nichts als Muskeln.
Hackett, der schmallippige Mund, lässt Russell Rank und Maria Molinari grausam aussehen, ein Team des Todes. Das Killer-Paar knallt die Beretta, der schwitzende kleine Mann weicht so gut wie tot. Aber Gott will nicht sterben.

Bald darauf verscheidet Jonathan der Unheimlichen das wunderbare Kribbeln in ihrem ganzen Körper. Es streichelt und liebkost wie zärtliche Hände eines unsichtbaren Liebhabers, wie Liebe auf den ersten Blick definitiv samtweich dunkle Gedanken des Tages umflattert: Der Fantasie sind bei Grabmalen keine Grenzen gesetzt.

Da sind Schatten von Hochgefühl und glühende, zornige Augen mit der Lautlosigkeit eines Tieres. Miranda zuckt tiefen Abschied. Die Wissenschaft kann Gott weder widerlegen, noch Tränen der Verzweiflung, verdammte Schweine.

Nun schwirrt Mirandas Bienenstock um Jonathan Sipes und Jackson Manor. Kaum eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang besuchen die dunklen Wälder von Gonne seltsame Gedanken.
Metropole der Herrschaftsapparate? So blauäugig bist du doch sonst nicht! Phil schüttelt noch lange den großen Mafiaboss. Nachdem wir den verdammten Haftbefehl, gehe ich Kusshand vom Gas. Der Federal Attorney und sein Büro arbeiten wasserdicht den Laden weiterlaufen. Ein Fall für Art Grobuc.
*
Nach 20 Jahren kehrt Trewor McGee, ein Comic-Zekner und Alkoholiker, an den Ort des Schreckens und der Freundschaft mit einer permanenten revolutionären Situation in einer Unzufriedenheit aller Schichten zurück. Miranda seufzt Erinnerungsfetzen wie Nebelschwaden. Ein sonderbares Wispern, das wie Name klingt, als ob die Totenkiste schier Vampir.
Ununterbrochen trommeln Regentropfen schlicht und einfach den Verstand verloren. Kann man es irgendwie fühlen, das Erbe des Wahnsinns? Das weiß Angst, entsetzliche Angst...
Er wartet alle Zeit der Welt. Ja er spukt noch immer mit heiseren Schreien durch Deine Träume. Aber ich weiß: diese Nacht erschaudern Wind und Wucht das Schicksal, Miranda. Die Finsternis kommt mit Deutschlands Gruselprogramm.
Ich steige auf die Bremsen.
*
Alle Achtung grinst ein Jahrgang Gott gedankenversunken.
Jonathan lächelt Kamin und wuchtige Ohrensessel. Er greift sanft hinab mit klopfendem Herzen, tanzt tief dunkle Derwische.
Lassen Sie mich einen Test, schöne Dame: Sie trinken swungen und nippen etwas seltsam Märchenhaftes.

Ihn lieben, ja, das will sie. Bitte, verzeihen Sie mir erschrocken, wundervollste Frau von Gefühlen und Verzweiflung. Ist Jonathan auf dem Weg zu seinem wahren Sarg? Er fasst mit Fingern und schämt die Angst als schwarzer, schemenhafter Schatten im aufflammenden Licht.
Aber er wird nicht mehr lange warten... Komm nur, komm zu mir, absolute Finsternis aushauchen, den Tod umarmen. Mit vorgestreckten Händen tastet sie sich Ellenbogen blutig am unverputzten Schmerz. Dann zwei eisenharte Hände aus einem unbarmherzigen Alptraum. O Jonathan, warum . . .?
Wut brandet etwas Weiches. Das Ziel ist wie immer die selbständige taktische Orientierung der Kämpfer. Der Unheimliche taumelt. „Jonathan!" schreit sie. „Wie kannst du mir das antun?" Ein lautes, heiseres Lachen und „Jonathan, bitte..." schreit sie jetzt gellend eines höhnisches Lachens Schrei.
Jonathan packt den hünenhaften Wahnsinnigen. Klatschen und Hämmern, wildes Schnaufen und Stöhnen, immer wieder grelle Blitze, immer wieder heftige Faustschläge von wuchtigen Hieben. Nur die nackte Wand, die junge Frau, eine Schlinge aus Draht und ein lautes Stöhnen hören den Körper.
Bis Schritte langsam und schleifend dem Ansturm der Angst nichts mehr entgegensetzen. Die Interaktion ist da eine politische Kollektivierung in der Kommunikation. Der Schrei in ihrer gepeinigten Kehle bricht sich endlich frei.

Es ist Jonathans samtweiche Stimme. Ihr Gesicht weint laut an seinen entblößten Oberkörper, benetzt sein Pyjamahemd, während er zärtlich streichelt.
Eine halbe Stunde später Polizei und Guerilla, lethargisch durch Grauen und autoritäre Führungsstruktur. Seit Tagen muss alles Gewissen in den Volkskrieg. Eine strahlend schöne Entwicklung der Produktivkraft wird am nächsten Morgen das Frühstück herzlichen.
Sie legt ihre Hände auf seine Wangen, stellt sich auf die Zehenspitzen und haucht ihm den Kuss auf lange verdient. Er nimmt seine starken Arme hinaus in das noch wilde ich liebe dich. Dieses Glück heißt Jonathan Sipes.
Sie ist nicht mehr Alptraum, sie ist eine junge erwachsene Frau geworden, liest einen Roman mit der Bastei-Zinne, wo gute Unterhaltung zu Hause ist.
*
Grauer, gespenstischer Schatten, singt der Tod Dir feixend ein Wiegen? Mein Gott, das muss doch die Zielperson sein! Die Verantwortlichen aller Missgriffe sind voller sexueller Obsessionen und wissen bittere Gehirngewitter: Hundert Jahre Repression, Faschismus, antiimperialistische Kriege, Völkermord, Bourgeoisie und Bullenstaat.
Im Nebenzimmer greift Helmut Lachenmann rhythmisch in den 12-Ton und erhält ehrlich tosende Einsamkeit. Sein Job ist jetzt überall Dienstwaffe, die gute alte Smith & Wesson, Kaliber 357 Magnum. Eine Kanone für ganze Kerle.
Liz zieht die Handbremse, eine SIG Sauer P228, mit einer Feuerkraft von 14 Schuss Patronenlager in ihrem dunkelblauen Hosenanzug. Eine gute Figur muss man ihr lassen, ein feingewobener Hauch Spinnennetz, geistig verwirrt.
Die Dienstmütze blendet den Wachtposten. Das Prinzip Guerilla begeistert für die Befreiung von besetzten Gebieten, Kolonialismus und Neokolonialismus, Diktatur der Bourgeoisie, Militärdiktatur, Faschismus und Imperialismus. Sie nennen das Gehirn ja eine der faszinierendsten Schöpfungen.
Nun gut das Police Department weiß es, das FBI Office in Newark und Matt Hackett weiß es natürlich auch. Deshalb bedeutet das Nickerchen des Cops kein Blut, keine Einschusswunde und keine Stichwunde.
Als auch das imperialistische Herrschaftssystem eingreift, prallt James Thompson zurück. Seine Muskeln spannen sich reflexartig um den Revolverkolben. »Zurück!«, zischt er glashart Smith & Wesson.
Maria Molinari zieht dem reglosen Cop den Magnum doch immer der gleiche Jammerlappen. Wenn die Bullen sie einsacken, singen sie in höchsten Tönen die Hosen voll ideologischer Systeme.
Doch im selben Moment gellt ein Peitschenhieb, oder ich schieße! So ist das: Nämlich nicht das Volk sondern der Staat, Multis, Kapitalistenschweine, US-Imperialisten, Charaktermasken, Staatsanwälte, Gefängnispigs, Faschisten, Personalisierung und Psychologisierung, eine riesengroße Schalldämpfe. Wir mustern Teamarbeit wie Bullentatsachen.
*
Die Frau trägt Jeans und blaue Augen am Körperbau. Ihre Klamotten sind Muskeln wie eine Tigerin, die SIG P226 im Anschlag glaubt sie Gott.
Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, und die Krone des Menschen strotzt vor Kraft, fast zwei Kilo schriller Stahl. Die Visierlinie liegt um einen Millimeterbruchteil Double-Action über dem Druckpunkt. Auch das Gehirn ist eine schwere Waffe in ihren Fäusten. Schrei auf, wenn der Stahl jäh gegen neun Millimeter Vollmantelblei.
In hohem Bogen funkelt die hasserfüllte Tigerin, sprungbereit mit Muskeln. Abermals lacht Maria Molinari, lauter und regelrecht schrill: verdammte Mistkerle! »Du kriegst mich nicht«, faucht sie den FBI-Agenten.
*
Herumgerissen gerät sein Revolver noch im Krachen des Schusses buchstäblich Schmerzen. Die 1.340 Gramm Hirnmasse enthalten 100 Milliarden Nervenzellen mit synaptischen Kontaktmöglichkeiten. Der Schock funktioniert Smith & Wesson zielsicher den bulligen Kerl an der Wand.
Cotton setzt auf die Jahrhunderte gegen Hetzsyndrome aus Antikommunismus und Rassismus, auf die Gehirnwäsche durch Konsumentenkultur und "Wirtschaftswunder". Er entwickelt übernatürliche Kräfte. Die christliche Religion schreibt dem Menschen Einzigartigkeit zu. Fragen Sie mal eine Ameise, was sie für das wichtigste Tier hält!
Thompson bemerkt auch diesmal geradezu beschwingt, verdammt, dem Kerl einheizen. Der Killer schlägt Haken zick-zack-rasant. Aber man braucht nur draufzuhalten, hart und trocken, Hölle und Teufel: Das ist die anthropozentrische Sicht.
Bleib in Deckung, ruft er. Mit Tränen in den Augen jagt Liz Coyne Kugel um Kugel durch die Komplexität des Gehirns. Nicht zu schluchzen ist die Flucht des Killers.
Diesen liebenswerten, guten Kumpel verstockt ein Gefühl von Macho-Fassade. Wahrscheinlich merkt er gar nicht, dass der Schlagbolzen des Revolverhahns immer nur auf leere Patronenhülsen klickt.
Sofort steht Wilson mit dem Rücken greif. Aber so zart und weiblich ganz sanft mit Dir verarschen kann ich mich selber. Wie von einem Katapult abgefeuert ächzt meine Vorahnung, als sie mich zur Seite wirbeln sieht und mit ihrer Fußramme ins Leere stößt.
Wenn man eine gewalttätige Neigung operativ aus dem Gehirn entfernen könnte, sollte man das tun? Mit einer fast eleganten Kehrtwende rammen Fäuste Spielschulden, Drogen, Alkohol und gutes Geld im Voraus erdolchen. Wenn mir ein Arzt Magenkrebs entfernt, bin ich doch immer noch Dr. Gehirn.
Unvermittelt stößt sie einen wilden Schrei aus und eine beinharte Gerade.
*
Schon ist die Kunst des Kochens im Karl-Spitzweg-Landgasthaus hilfreich gegen Arztschwein, Mordversuch und Wasserentzug.
Okay! Er weiß, dass er Kathleen, Tochter der Welt, die Shotgun verdankt. Die einläufige Sehrflinte mit Röhrenmagazin steckt in einem ledernen Scabbard.
Kathleens Augen werden groß und noch im selben Atemzug zur Seite. Ryan O'Doherty feuert zweimal 12er Schrotladungen, unsichtbare Eisenfäuste.
*
Nicht sprechen, sagt Liz leise im Hals. Sie sitzt den Kopf des Mannes auf ihren Schoß über das kurze Haar. Seine Augen kippen die jungenhafte Frau kaum mehr Hauch. Weint sie mit tränenerstickter Stimme? Ein letztes Lächeln zeichnet sirenengleich der Notarzt. »Jim! «, schluchzt Liz ihren Seelenschmerz hinaus.
Mit einem Blick überzeugt er sie auf ihrem Schoß nicht aufhören. Er hat jene hübsche neue Datenerfasserin das hessische Knastärztekorps verkraften, seit ein Volk der Guerilla wirklich revolutionäre Speisefolge fordert.
Also beißen sie verdammt grimmig die Zähne zusammen. Er blickt die Schrotflinte in kraftvollen Händen knöchelweiß die Massen gegen sich auf. Ein seltsames Gefühl von zwingendem revolutionärem Kampf.
*
Der Lord treibt dem Vampir den Eichenpflock mit einem einzigen gewaltigen Hammerschlag tief ins untote Herz. So kann jeder Marx seinen Platz in der Klassengesellschaft bewusst gegen das System. Als ich auflege, stößt Phil - Du weißt ja schon schweigen!
Er betrachtet ihren Revolver, einen sechsschüssigen 45er auf die Funktion von Führung in der Guerilla, von Andreas in der RAF, das heißt: mit Geschmeidigkeit vor der Ungeheuerlichkeit nicht zurückzuschrecken. Sieg im Volkskrieg, und nicht Hirnchirurg an der Universitätsklinik vom entfremdeten Bewusstsein gegen das Kolonial- und Renegatenschwein Kautsky.
"Sie sind so gut wie tot", sagt Kathleen. Der Breitschultrisi lacht dialektischen Materialismus. Mit Emanzipation, mit antiimperialistischem Kampf hat das nichts zu tun, sagt der Killer. Jennifer grinst einen Plattenvertrag zu Legalitätsfetischismus, Pazifismus und Massenopportunismus.
*
Heute gibt’s Knack im roten Frack und alles, was Sie von jetzt an sagen. "Genau, genau!" Phil setzt noch eins von Kampfbegriffen, Vernichtung, Befreiung, Menschlichkeit, Volk, unterste Massen und bewaffneter Kampf. Uns!
Er hat das Polizeirevier, BGS und Midtown North verständigt: Die Aktion Gefangenenbefreiung und Terror ist immer noch ein Ausnahmezustand im Griff der Kontrollapparate. Nahezu lautlos gleitet die schwere schwarze Limousine durch das Gewaltmonopol der herrschenden Klasse.
Du hast eindeutig Notwehr, knurrt der Farmer, Inbegriff des Mob, der Straße, des Volks und der Gewalt...
Und -kraack-, die Scheibe gerissen! Ryan O'Doherty und seine Tochter sehen den Sheriff betroffen an. Die 150 € Selbstbeteiligung ärgert sie. Spielen sie nun Gott, antiimperialistischer Kampf oder proletarischer Internationalismus?
*
Es prasselt und verfandelt Bauarbeiter und Terroristen militärischer Relevanz. Dicke Tropfen Trockodilstränen trommeln.
Das junge Mädchen mit Lippen wie lange Fingernägel ist im Recall. Papas Traum erfüllt ungeschickt vor Glück die Klischees des Kapitalismus. Ein Schwein, das seine Entfremdung genießt, sagt Marx.
Trinster wird der Wald und grausige Bilder und Gänsehaut kribbeln dem jungen Mädchen mit Magengrube ziemlich den Rücken hinauf: Die Metropolenguerilla, die RAF hier, die Brigate Rosse in Italien, die United Peoples Liberation Army in den USA.
*
Fastnachter erscheinen plötzlich als Kampfhund
Beinahe zögelt Miranda. Art Grobuck stelzt steifbeinig zur Blendgranate und spielt faktisch, taktisch und strategisch mit dem Gedanken. Aber zum Teufel, Schweinehund, eine Falle, durchzuckt es Art. Trotzdem beginnt ihr Herz was macht es schon? Ich schwinge mich hinter das Lenkrad. Waffenklirrend wie in alten Familientreffen. Es ist instinktiver Überlebenswille.
*
Rank und der Leibwächter lachen leise eine nette Gemeinheit unter die Erde. Der Mann lebt noch. Gottverdammter Kopfgeldjäger!
Du kannst dich auf mich verlassen, Doug, kleine Probleme erledige ich ins Jenseits. Das System, wie Hetze gegen Schweinebauch, ist Volk der Guerilla und Prozess der Aktion. Immer Proletariat hoch und runter auf den stöhnenden Farmer.
Ich nehme Gas weg. Das Timing stimmt also. Jemand schreit. Rank, schlank mit aschblonder Pferdeschwanzfrisur bellt eine Gruppe von Genossen Verbalradikalismus. Noch fehlen die klobigen Konturen einer Glock. Er braucht ein Messer, nur ein Messer.
Verdammt! In Brasilien, in Uruguay, auf Kuba und für Che in Bolivien war das nicht anders. Der Leibwächter reflext Fehler. Sein Nebenmann aus dem Imperialismus prostituiert die bürgerliche Klasse und bohrt den Zeigefinger in den Abzugsbügel, bevor der Killer der Bullenepublik als Ku-Klux-Clan des Volkes die Glock entreißt.
Wenn die Macht sich duckt, krümmt sich der Oberschenkel vor Schmerzen. Die Metropolenguerilla muss dem Hinterland des Imperialismus in den Rücken sexportieren. Russ Rank brüllt dem Schädel alle Kraft zusammen und zerschlägt Volkskrieg und Weltrevolution. Wie revisionistisch! Gelebte Trauer hat heilsame Wirkung.
Ein Metropolenindividuum lacht aus den Fäulnisprozessen. Okay, eisig war's dann wohl: harter kalter Stahl und die Glock.
Ich pirsche nach dem Wagen. Draußen steht ein schnauzbärtiger Kerl in dunklem Anzug mit einer Beretta wie aus Nichts. Ich ziehe die SIG und sprinte die Muskeln. Ein Wutschrei jagt heran. Ich flanke hoch über die Balustrade. Wilson fährt herum vor Schreck, abermals einen wüsten Fluch in meine Richtung. In flachem Sprung werfe ich mich ihm entgegen. Der Schuss kracht, und das Geschehen überschlägt die psychischen Deformationen der Metropolengesellschaft.
Ich spüre das Sengen der Kugel, die über mich hinwegrast. Kathleen schreit. Entsetzen ramme ich Wilson in der Körpermitte. Er klappt über mir zusammen und Phil donnert ohrenbetäubende Kugeln. Er ist bereits tot zu Boden Bewusstsein mit dem Kopf. Redaktionsschnell stemme ich seine Kanone.
Du Bastard! Stirb! Ich hole mit dem Fuß punktgenau. Er heult auf wie ein Wolf auf dem Killer.
*
Die Welt erblüht in einer Feuerblume. Trommelfelle klirren und wenn man stirbt, denkt es auch.
Wohlgefallen des letzten Endes erhebt sich, Sarg oder Mund, wie acht Jahre wammen die Sozialchauvinisten. Tiefer zu den untersten Massen, wirklichen Massen. Tut unheimlich Papa, schmanzelt sie. Hundesohn! Er hört wirklich immer und überall das leise Knarken des Vollmonds.

Schier endlos erheben sich Lichtkegel aus Spinnweben. Die Geschichte vom Paradies erzählt einen freien Willen. Natürlich kann er auch manchmal etwas ruppig werden, aber nur, wenn man Jenny bespondert. Entschlossen glückelt sie, wie nackt er ist. Jetzt kann er den von Gott vorgegebenen Kampf in den Metropolen des proletarischen Imperialismus beginnen.
Mit einer Gesamtauflage ist Jerry Cotton die erfolgreichste Serie aller Zeiten: Taschenfilf, Welterfolg und Action!

- Alzey 15.11.2008         Klaus.Wachowski@web.de



Wirklichkeit als Illusion.



Wenn ich morgens den Schleier der Maja vor die Augen ziehe und Licht im Gehirn der Realität mache, höre ich manchmal den erschreckten Flügelschlag der Ewigkeit.
Die Fremde gibt mir so etwas wie ein Heimatgefühl. Hier aber, wo auch immer das sei, möchte ich nicht heimisch sein.
So lesen wir die Pilcher, genannt das Ambiente: "Schneesturm im Frühling", oh rororo, Nr. 12998, (10,90 DM) und Botho Strauß, das Wähnen, ganz "Widmung, eine Erzählung" (1980: dtv 10248 zu 6,80 DM). Es weht Vergangenheit ins Alles egal. Märchen aus Ego und Geld.
*

Der Erhängte im Haus der Rose.

Verwirrspiele, Intrigen, große Gefühle und tierische Stummheiten. Telling Stories (T.Ch.) oder stirbt Gott unter Deko und Langeweile?

Natürlich geht es um vergebliche Liebe, wechselnde Beziehungen, Pessimismus, alles Dinge, die besonders stark und Gleichgültigkeit.

Das Bad war groß - wie alle Zimmer in diesem großzügigen Haus. Rosa Porzellan, ein flauschiger weißer Teppich und bodenlange Chintzvorhänge. Ein niedriger Glastisch mit Badesalzen, Zeitschriften und großen rosa Seifenkugeln, die nach Rosen duften. Und Rosen zieren ebenso die französischen Badetücher, Carolines Morgenrock, ihre Hausschuhe, das Radio und ein angelesenes, weggelegtes Buch.

Vom Rand der Autobahn ruft meine Liebe das Echo ihres ersten Schreis.

Legen die Frauen ihre Garten- oder Kochschürzen ab, faszinieren sie mit schicker Garderobe. Warum das neue Kostüm mit den Goldknöpfen anziehen? Lieber den türkischen Kaftan oder das schwarze lange Samtkleid Alice im Wunderland.

Das Wunder unauslöschlich ineinander eintauchender Blicke. Tracy wirft einen Funken fiction in meine von Erinnerung entzündete Seele.

Sie waren in den mittleren Jahren, er massiv und beleibt, sie sehr schlank, in Rosa und Weiß. Die anderen würden alle Kamin: Hugh im Samtsmoking, Shaun mit seinem scharlachroten Kummerbund um den Bauch, Elaine längst beim zweiten Martini, Parker mit dem viel sagenden Blick: "Liebste Di, wie machen Sie das bloß?". Es reibt. Es fühlt der Literat: Wie war sich verlieben? Das abrupte Kennen lernen eines Unbekannten, die empfindliche soziale Entzündung, der Temperatursturz von fremd zu intim, der uns immer ein wenig erbleichen lässt. Die abrupte Nähe.-  Je weiter uns die Freiheit voneinander entfernt, umso enger flicht die Liebe uns ineinander.

Es klopfte sacht. Die Stiefmutter war bereits  ganz in Weiß und Gold, das graublonde Haar zu einer Muschel geschlungen und Goldnadel. Schön, schlank, groß und unglaublich elegant. Das erste Mal mit ihr zu schlafen bereitete weniger als  Nachnamen.

Caroline setzte zu komplizierten Prozeduren mit der Wimpernbürste an. Sie warf sich die türkise, feder-leichte Seide über den Kopf, zog eine Seidenstrumpfhose an. "Welches Glas möchtest du lieber", fragt sie, " das rote oder das grüne?"  Ich hörte sie ganz nah, es war kaum auszuhalten. Ihr Duft versenkte die Erfolgsdampfer kanadischer Millionäre in Malströmen der Begierde.

Hier wird dem Leser keine vorschnelle Harmonie vorgegaukelt, aber das Urvertrauen in das Gute im Menschen immer wieder bestätigt.

*

Was waren die Gründe für Virginias Gang in die Ouse?
Was geschah, als ihre homosexuelle Sehnsucht aus-brach und schon die Realität heranbrauste? Spreizte der Sperling die Flügel, als der Winterreifen Wirklichkeit über ihn hinwegrollte? Am Steuer saß die Trine Gemütlichkeit. Die Anklage lautet stets auf Lebenslust, das Urteil auf Depression. Gott im Verlies des Ritters Kato.

*

Na, wenn Ihr beiden nicht wirklich phantastisch wunderschöne Frauen. Mittlerweile hatte sie und war Höhepunkt und Attraktivität. Er roch nach Brut und frischer Wäsche. Sie straffte Schultern, strahlendes Lächeln und Wohnzimmertür.

"Mein Schatz." Er fasste Schultern, beugte sich und Kuss, schlank und dunkel mit beginnender Stirnglatze. Tatsächlich dunkelblauer Samtsmoking; die Augen unter den markanten Brauen waren dunkelbraun, Eichhörnchen und Walnüsse.

Da wird ein Kind eingeschult. Es springt und lacht und erschrickt vor all dem Ernst, der sich plötzlich über ihm ausgießt. Die Mutter  erinnert sich des ersten Schreis von Freiheit und Liebe. Und diese Träne von Ewigkeit, Lachen und Wunder gehört ihr.

Parker dagegen konnte man eigentlich nicht ernst nehmen. Nachts, vom Sendeschluss bis zum ersten Frequenzton am Morgen fiel der dichte schwarzweiße Schnee, und er duldete sein Rauschen, den toten blauen, Gott gestohlenen, Schimmer des TV, unter dem er schließlich Ruhe.

Sie dachte daran, wie herrlich es wäre, wenn in diesem Haus auf einmal jemand auftauchen würde, der arm war, ein Versager, unmoralisch oder sogar betrunken. Ein Künstler vielleicht, der in seiner Dachstube vor sich hin hungerte, ein Schriftsteller wie ich, dessen Geschichten niemand kaufte, oder einer dieser Strand-Playboys mit Dreitagebart und einem Bauch, der sich über dem engen Gürtel wölbte. Kauf den Streetworker!-

Pfarrerin und Rektor zaubern Tricks von Weihrauch und Gemüt. Den Segen hat Dir schon ein anderes gegeben. Liebe ist mehr als Ernst.

Caroline kurbelte das Fenster Luft durchs Haar, dass Nacht eigentlich auf dunkle Landstraßen, Wind und Bäume rauschen und nur mit dem launischen Mond-licht die lampenbeschienene Art nachdenken.

Sie grüßte. Wie viel Wahnsinnstaten, wie viel Briefwechsel, wie viel Kosenamen und wie viel Gesetze sind einmal aufgewendet worden, um solcher Willkommensgeste biografische Bedeutung!

Wie leicht verwechseln wir Liebende mit Helden. Aber an diesem Strand wird das Ich nicht in Menschlichkeit aufgelöst, sondern in einer höheren Einheit des Ich.

Die Standuhr der Dinge schlug zwei. Sanft und würdevoll erklangen die Glockenschläge. Sie schloss die Badezimmertür. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass sie ihm lange zuschaute! Sonderbares Haustier, dachte sie, ein Ungetüm der Selbstbefingerung. Mir scheint, das ist das Ende der fröhlichen Eigenliebe..

Niemals habe ich eine größere Freiheit und Sicherheit in der Sprache gefunden als im Dialog unter dem Einfluss eines körperlichen Verlangens. Jedes Wort ein Schlag ins Genital. Er konnte wirklich froh sein, dass er ihre knallenge Trevirahose nicht mehr zu sehen brauchte.
Sie klaubte die am Boden verstreuten Kleider auf, hängte den Kaftan auf den Bügel, klemmte Schuhspanner in die Schuhe und legte die übrigen Sachen ordentlich auf den Stuhl. Raus aus dem Eros, Lust dämpfende Frau.

*

Obwohl in ein paar Tagen der April anfing, senkte sich über den düsteren, grimmigen Nachmittag bereits  die Finsternis.

Von den Trauergästen, die er zum Großteil nur als anonyme Schatten wahrnahm, stachen ihm ein paar ins Auge wie die Gestalten im Vordergrund eines impressionistischen Bildes. Cooper zum Beispiel, der alte Gutsverwalter, Tweedanzug mit Strickkrawatte. Und die fremde junge Frau, dunkelhaarig, sehr schlank und braungebrannt. Ihr Rücken blieb steifer Kummer.

Aber was war das für eine Frau? Mit fünfundzwanzig so alt wie ihre Mutter, eine geschichtliche Type, verbürgerte Proletarierin, Sonderausgabe Westberlin. Was suchte sie nur in Schottland?

*

Und wieder ein Fest. Wie froh bin ich doch, fremd zu sein. Und wie sehr vermisse ich das Gespräch mit Dir, mein Elias! Wie sehr die Fragen aus der Einsamkeit! Unter Schlafenden stürzten wir in Himmel und Abgründe.

*

Mitten aus der Vergangenheit tauchte plötzlich Caleb Ash auf, mit Freundin Iris, zwei Gitarren, einer Siamkatze und ohne  feste Bleibe. Er hatte Aphros schon richtig griechische Züge. Seine Augen lagen so tief, das Gesicht gebräunt und voller Falten, die Nase scharf gebogen, die Haare dicht gelockt und grau. Er hatte eine tiefe, volle Stimme, herben Wein, frisches Brot und Salat mit Knoblauchduft denken. Ihre Zunge versank in Lust.
Die wimperngetuschten Augen glänzten plötzlich ungeweinte Tränen, der elegante Kurzhaarschnitt lenkte die schöne japanische Nackenlinie. Liz begann, ihr Pelzjäckchen aufzuknüpfen.

Hier darf man ein wenig in der Sehnsucht einer textilen Schriftstellerin verweilen.

Das Eis zwischen ihnen war saßen und vergaßen. Liz ging über den Steg eines zerbrechlichen Glücks, geleitet von rosa Phantasie zwischen erstem Märchen und erster Berührung.

Wie fällt das wahre Drama der abrupten Sehnsuchtserfüllung einerseits, der tiefen Sehnsuchtsentkräftung andererseits aus, und wie staubt das Herz der Literatur?

Er blieb einen Augenblick furchtbare Leere. Jammerschade, so ein Gut aus der Hand zu geben. Er schaltete Fernsehen bis die Nacht in Flimmern unterging. Sie saß Jackentaschen neben ihm und spürte die körperliche Nähe fast weh.

Er hatte sich verändert, und doch wieder nicht. Älter war er Falten im Gesicht und ganz tief in den Augen einen Ausdruck Affäre mit einem völlig fremden Mann. Und doch war es derselbe alte Oliver: lässig, niemals bereit, sich festzulegen, unverwundbar.

*

Der Schnee hatte Kiefern und Zaunpfähle mit weißen Mützen. Caroline öffnete schwungvoll das Fenster, frisch wie ein prickelndes Glas Sekt.

Oliver Cairney saß in einem dicken, cremefarbenen Pullover am Küchentisch. "Aha", sagte er mit einem vielsagenden Blick, „gerissener Hund!". Der innere Konflikt hatte ihn Kopfweh und nur noch zu Hause, Lehnstuhl, Kamin und Tee. Er hatte noch nie das Zeug zu einem schottischen Gutsherrn gehabt.

Sie fuhren schweigende Tage, umsonst und stumpfsinnig. Sein Lächeln verzerrte sich unter dem Druck von Gier, Angst und Trotz zu einer Idiotenfratze. "Ich verstehe dich ja. Aber mir kommt sie begehrenswerter."

*

Sie war Caroline Cliburn heiraten. So sah die Realität aus. Sie dachte an das weiße Kleid, Partyservice, Damastdecken, Sektgläser, Gardeniensträuße, knallende Korken und an Hugh, den rücksichtsvollen, ordentlichen Hugh. Nur in ihrem eigenen Redeschwall fühlte sie sich sicher aufgehoben. Sie äußerte ausschließlich Meinung.

"Aha", sagte Oliver süffisant.

*
Oliver war eben Bibliothek um Whisky, als er  zum Dinner auf Rossie Hill. Caroline schluchzte laut auf. Mit einem Mal schmolz seine Wut einer fast zärtlichen Belustigung. Sein Zornesausbruch hatte plötzlich ganz ruhig und entspannt. Was blieb, war hübscher Raum, rosa Lampe, Whisky und Caroline Cliburn, zu guter Letzt gefüttert und gebändigt, auch bei der Lust sich eines solchen Aufschreis nicht zu schämen!

Sie warf, er strich sanft hinters Ohr. Die unerwartete Berührung löste, Erstaunen huschte unendliche Erleichterung. Als wäre es, beugte sie sich und die Stirn in die rauhe Wolle seines Pullovers, und er legte einfach Schultern und Kopf mit dem seidigen Haar direkt unter Kinn. Er spürte wie zerbrechlich ihre Knochen und Herzschlag.

Wie durch ein Wunder Oliver. Sie ließ ungestüme Phantasie und Zukunftstraum in die Wanne. Immer wieder sagte sie Namen.

*

Am nächsten Morgen begann der April mit Frühling. Der Wind, die Sonne zwitscherten wolkenlosen Himmel. Und Wäscheleinen bauschten Frühjahrsputz. 

Etwas Vormittag lag Caroline Cliburn auf dem Rücken in der Heide und ließ sich den Pelz gegen das gleißende Licht.  "Es ist wirklich wunderschön hier", sagte sie. Der Kahn, von seinem beherzten Rudersmann gesteuert glitt schwerfällig knarzend über die Wasserfläche. Oliver streckte und zog. Lisa erhob sich ebenfalls  und wedelte mit dem Schwanz.

Ein Erikazweig in ihrem hellblonden Haar, pullover-warm die dunklen Schatten unter den Augen. Ihre Haut war glatt und rosig. Ohne zu überlegen beugte und küsste er.

In letzter Zeit, wenn sie die Tür zum Badezimmer öffnete, erblickte sie oftmals ihren verlorenen Freund, wie er unansprechbar fern in seine Leibespflege vertieft war. Nach Jahren der, wie sie meinte, unbefangenen Körpergemeinschaft zog er sich, nach Feierabend, allein, ohne ein Wort zu verlieren, ins Bad zurück und kam nicht vor einer vollen Stunde wieder heraus. Männer sind doch immer sentimental, wenn es um Land und Tradition geht.

So war' ich ihm nicht nah genug? Weist er mich ab oder schreit er nach mir, in dieser tierischen Stummheit?

Die enge Lederhose und modische Lederjacke. Er fasste und gab ihr einen Kuss.

Eine Frau, die die Trennung einleitet, bedient gleichsam Methode, indem sie die Liebe als Verkettung und jedes verbindende Element im Rostfraß der Verblendung nachweist.

Während die Erinnerung noch in großen Tönen sang, war der Mund des alten Mannes plötzlich zugefallen und zuckte textvergessen und murmelte Flüche des Aus tiefster Lust schrei ich zu Dir.

Der Zauber war verflogen. Er gehörte zu ihrer Vergangenheit. Sie war wieder frei.

*

Oliver fuhr durch die Dämmerung dieses herrlichen Tages und zwar entspannt und zufrieden. Rechts und links der Auffahrt zu Rossie Hill nickten schon Narzissenköpfe und dufteten blaue Hyazinthen eine große Schale in der Eingangshalle.

Er stellte sich an den Kamin, Wärme an den Beinen. Sie legte auf und baumelte versonnen mit einem langen Bein, trug einen faltenrockengen Pullover und ein geschlungenes Seidentuch. Ihre Haut schimmerte Antigua und ihre dunklen Augen in seinen.

"Hättest Du?" schlang sie, zog und küsste Mund.

Schließlich begab man Dinner gedämpft, Samtvorhänge, Spitzendeckchen, Kristall und Tafelsilber prangten ein Meer von roten Tulpen. Es gab Räucherlachs, rosa und köstlich, ein Zustand mit Wachstum, Komfort und Reform, aber ohne politische Kraft, ohne Kämpfe, ohne Ruptur.

"Caroline, wenn du heiratest." Mit einer Drehung der Hand verschlang sie ihre Finger in die seinen, gerade noch rechtzeitig zufrieden. Olivers plötzlicher Kloß. Er beugte sich Kuss.

Als Caroline schließlich in der Obhut der beiden Männer und einer rundlichen, netten Krankenschwester mit dem Krankenwagen abgefahren war, fühlte er sich, als hätte er ein ganzes Leben hinter sich. Jetzt, nach dem Zusammenbruch der Lust, waren dieselben Schmerzen wieder Kind.

Angst schließt die Nacht. Wir rufen oder schweigen von Traum zu Traum in den neuen Tag, den alten Traum.

Als sie durch die Glastür trat, sagte er: „Diana." „Ach Angus", sagte sie, "du unmöglicher Mensch. Wie herrlich, dich wieder zu sehen.“ Der Mann, der verlassen werden sollte und seitdem mit allen, auch mit verbrecherischen Mitteln darum kämpfte, die Liebe seiner Frau wiederzugewinnen, stand plötzlich, völlig überrumpelt, vor dem happy end.

*

Ich fahre unter leeren Himmeln Autobahn. In einer seit Jahren abgesperrten Dusche im Keller findet man im Jahr 2009 den mumifizierten Leichnam eines Mannes. Er hatte sich erhängt. Oben laden Rosen rosa zum Empfang. Laßt uns hier die Liebe dem Ernst eines nicht erhörten ersten Schreis widmen. Fliegen, so lang, das Herz noch trägt.

Von Orhei nach Frankfurt spannt sich eine große Liebe wie Deine. Du taust den Kuchen auf, den ihre Hände formten. Welches ist der Geschmack? Und kannst Du ihn essen? Da ist etwas zwischen Euch.

16.09.2009 Klaus Wachowski

Dichter schreiben anders: „Wie ist das denn, wenn man verliebt ist?“ fragte sie nach langem Schweigen; jedes Wort schien sich, indem es entstand, in ein unbekanntes Meer zu werfen. Hypnotisiert von den Schmetterlingsflügeln und beängstigt von der Entdeckung einer schrecklichen Möglichkeit im Leben, blieb sie noch eine Weile sitzen." aus Virginia Woolf Die Fahrt hinaus

Wie phantasielos doch die sentimentalen und die trockenen Literaten schreiben! Als wäre da nichts zwischen Dir und mir als Tun und Brauchen und Deko. Hallo, Kamin, was weißt Du von Liebe? Ist da nirgends Sehnsucht und Schrecken der Sehnsucht, nicht Verzweiflung zwischen Liebe und Lust, das Bedürfnis dies mit allen Kräften zu löschen, wenn uns das Leben noch einen Wert hat?

Und was bleibt danach als neue Sehnsucht und der bittersüße Geschmack von Glück, ein Abendrot sich sehnend nach dem Morgen? Den ich auch Dir wünsche.

7.2.15

Konkret: Barbie Turat



Barbie zieht ihren Shador aus. Hellblau ist doch eine schönere Farbe. Sie denkt an das grässliche Gedudel der Volksmusik und an die langweiligen Gesprächsbeiträge ihres Cousins, den sie ihr zum Ehemann ausgesucht haben.
Seine Seele ist eine einzige Koran-, Bibel- oder Thorarolle. Er hat sich einen Fundamentalistenbart wachsen lassen, in dessen Gestrüpp alle Vorurteile, Suppenreste und alle Nase rümpfenden Traditionen sich einrichten. Er wird doch hoffentlich nie auf den Gedanken kommen, sich ihren Lippen zu nähern!
Die glatt rasierten Schweinskörper, die gegenwärtig die medialen Präsentationen beherrschen, sind ihr auch nicht gerade sympathisch. Aber wenn sie sich das vorstellt, was auf diesen Hautregionen alles wächst und kratzt...
Sie denkt an ihr Pferdchen.
Wie im echten Leben: Tawny, Barbies allererstes richtiges Springpferd. Einfach die Beine zurückziehen, dann wiehert Tawny und setzt zum Sprung an, sie beugt die Vorderbeine und nimmt das Hindernis mit Leichtigkeit. Bravo! ... und der Sprung ist perfekt!
Schau doch das Glanz und Glamour-Pferd hat seinen eigenen Kopf. Und das gleich doppelt! Einmal blonde Mähne. einmal braune. Den jeweils passenden Schweif, eine Decke zum Wenden, Zaumzeug und viel schmückendes Zubehör gibt's dazu.
Im eigenen Reitstall können Barbies Pferde nach der Hochzeit nun liebevoll gepflegt und umsorgt werden. Und "Wiiiiiee", topfit ins Turnier.
*
Warum nur konnte sie Ken nicht halten? Den treuen Freund? Jedes Kind sieht, wie er die Möbel in den Wohnwelten, die Wände der Discos und die Regalstrassen der idealen Supermärkte verschönert, dunkles Samttuch in der Schmuckschatulle von Barbies Alltag. Schau, wie schön die Welt ist!
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Ein kurz geknoteter Sparfuchs von Bürgermeister späht um die Ecke. Bitter vermerkt er Ruhm des Unnützen. Barbie erschrickt zu Tode beim Anblick der hässlichen Streberseele, einer Ausputzernatur der Alpha-Klasse.
Lasse Dir zur Entspannung das Zungenglück von Weinverkoster Eichelmann über den Körper rieseln. Lasse vorweihnachtlichen Lichterzauber in Deinen Weg zu alternativen Kolumbarien leuchten!-
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Einige Risse zeigen sich in Barbies Welt. Wo sind ihre Freundinnen? Einsam betrachtet sie die Schönheit. Niemand, mit der sie süße und bittere Geheimnisse teilen könnte. Ihr Inneres gleicht einer rosa ausgekleideten Höhle, in deren Fußgängerzone ein rumänischer Akkordeonspieler nach Passanten Ausschau hält.
Sie füttert ihre Tiere.
Überraschung für Katzenfans: Die Katze Mika macht alles wie ein richtiges Kätzchen. Groooßer Durst .. und Pipi ins Katzenklo.
Klümpchen mit der Schaufel aufnehmen, und alles ist wieder rein.
Über Hund Tanner staunen alle Hundefreunde. Er ist wirklich gut erzogen. Lecker, lecker Hundekuchen. Ein Häuflein lässt nicht lange auf sich warten. Mit magnetischem Greifer aufnehmen, und ab in den Mülleimer. Das Ordnungsamt kann sich wieder dem ruhenden Verkehr widmen.
Im goldenen Käfig eines irren Fundamentalisten stirbt ihre Hoffnung auf ein menschliches Zwitschern über all das, was sich durch die Zeiten bewegt. Keine Mode, die die Jahreszeiten mit wehenden Fahnen der Erwartung erfüllt, keine Affären, Intrigen, Geschichten von Auf- und Untergang menschlicher Liebe. Hinter dem Shador aus Unterwerfung träumt sie den amerikanischen Traum von drei Etagen.
Barbies neues Haus hat den Namen “Stadtvilla” mehr als verdient! Mit 3 Stockwerken, mit Licht, vielen Geräuschen und mit einer “magischen Treppe”. Barbie zieht ein und fühlt sich richtig wohl, denn auch tolle Möbel und viele, viele Wohnaccessoires sind schon drin. (Bad: Ssshhh!, Küche: Brutzelbrutzel!)
Oberstes Stockwerk zum Abnehmen und Mitnehmen.
Fernsehraum wird Gästezimmer, magisch auf und ab: Wendeltreppe mit Lift: Dingdong!
Schlank wandelt sie durch Plastikwelten.
*
Das Mädchen öffnet ihr die Litze und kämmt durch das goldene Haar. So zu wohnen wäre ein Paradies. Hier liegt die Wäsche der letzten Woche, da haben die Hunde ihren Kot abgesetzt. Aus den Tassen steigt der Schimmel. Draußen aber patrollieren Rapper und Neonazi vor Seniorenbunkern. In den Augen des Kindes färbt sich der Himmel blau. Es sucht den rosa Spiegel. Schlaf schön, Barbie!
Von ihrem Bett mag sich Barbie auch tagsüber am liebsten nicht trennen! Wen wundert's: Es ist ja auch ein richtiges Himmelbett. Mit seidiger Bettwäsche, rosa Vorhang und Glitzerkugel.
Ken kommt mit einer Herde Alpakas in die Stadt herunter. Er singt das Lied "Chan Chan" aus Kuba. Er hatte an Kennedy geglaubt und Caesar erleben müssen. Zu Che Guevarra war er mit fliegender Krawatte übergewechselt. Dann sah er fünf Köpfe im Sand, getrennt von den eingegrabenen Rümpfen. Und darüber das liebe Lächeln aus dem Tagesgesicht des blutigen Revolutionärs. Jetzt kehrt er zu den Grillplätzen der Kindheit zurück.
Sein Plastik-Körper ist schon etwas ausgehärtet. Es zeigen sich erste Haarrisse an den strapazierten Gelenken. Braucht er ein Lifting, eine Familienaufstellung nach Hellinger?
Puppy wächst und spricht mit dir.
Wird sie aber Shador tragen oder Kopftuch? Schwer ist die Wahl wohl nicht. Eine iranische Präsidentengattin hat schließlich weniger Persönlichkeitsrechte als ein rumänisches Hausmütterchen.
Beatriz Malen singt für Putumayo ein Indianisches Schlaflied. Zulya webt ein Lullabay aus Tartastan in den Himmel. Wir träumen eine Liebe von funkelnder Nacht.
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Aber was ist das?
Golden Retriever oder Pudel, süße Dogge?
Schau nur, wie ich wachse!
In vier Tagen bin ich ein großer Hund.
Ich kenne Deinen Namen.
Ich spreche und singe mit Dir.
Information für Eltern:
Zur Programmierung den Hund per USB-Kabel mit dem PC verbinden. Auf der beiliegenden CD-Rom sind mehr als 3.000 der beliebtesten deutschen Kinder- und Hundenamen hinterlegt. Zudem können weitere Daten, wie z.B. der Geburtstag Ihres Kindes eingespeichert werden. Nach Abschluss des Wachstumsprozesses kann der Hund wieder auf Welpengröße zurückgesetzt und neu programmiert werden.
Was will sie mehr vom Leben? X speichert ganz andere Daten in die Qassam.
*
Ein Sufi dreht sich in die Mysterien der Relativitätstheorie. Er vergisst die Steine, das Kreischen der Scharfmacher.
Barbie hört die seltsame Musik. Wie ist sie in diese Lage gekommen? Welche Zeitmaschine entführte sie aus ihrem Paradies in diesen Dschungel von Drang und Zwang, von Hass und Herrschaft der Familie? Land der Gewalt!
Wo ist der mutige Prinz der pinken Wirklichkeit?-
Im Alter von 6 Jahren strandete Rosella auf einer menschenleeren Insel, einem kleinen Paradies. Ein roter Pandabär namens Sagil, der farbenfrohe Pfau Azul und der niedliche Elefant Tika waren ihre Familie und gleichzeitig ihre besten Freunde.
Eines Tages, Rosella war gerade 16 Jahre alt, landete ein unternehmungslustiger Prinz auf der Insel. Auf der romantischen Seefahrt verliebten sich Rosella und der Prinz ineinander. Man war schließlich nicht mehr minderjährig.
*
Was ist geschehen? Barbie sieht hinter dem Fensterladen vor auf die Straße. Die Sonntagsschule ist aus und all die kleinen Barbies, Kevins, Dschihads, J.Rs und Monsterglatzen vom Hiphop und Skin strömen in den Sandsturm. Voll krass dazwischen eine Menge erwachsener Weggucker. Die Lautsprecher der Hypokrisie singen goldene Barockbommeln in Haifischherzen. Schau, all die Kleinen! Wie sie ihre Puppen aus Plastinaten ein Hollywood nachspielen lassen. Barbie schrubbt das günstig erworbene Stück Hautlappen mit Radikal-Tattoo. Tja, wer Prinzen liebt, muss sich oft mit toten Hosen begnügen.
Sie nimmt ein Salzlakritzeerzeugnis zu sich. Der müde Export von Barbie-Plastinaten lähmt die Konjunktur.
*
Gott schickt seine obdachlosen Brüder aus. Er testet Dich, Gospodin. Barbies Schwester sucht glühende Buchstaben in Bukowinas Wäldern der Vernichtung.
Ohne das Wissen des Prinzen haben seine Eltern ihn einer wunderschönen Prinzessin versprochen. Und da ist noch die Mutter der Prinzessin, eine böse Frau, die sich vorgenommen hat, selbst die Herrschaft im Königreich zu übernehmen. Sie weiß, dass Rosella eine Bedrohung für ihre Pläne ist, und lässt nichts unversucht, um ihr zu schaden.
Wird die böse Königin gewinnen? Oder wird Rosella mit ihrem Prinzen glücklich werden und das Wertvollste finden, das sie sich vorstellen kann: ihre eigene Geschichte?
Wir kennen das Ende. Es heißt Alltag. Opa schnallt dem kleinen Helden schon mal den Sprengstoffgürtel um. Auf welcher Seite des Bauzauns soll Barbie leben?
Ein Traum.
Barbie ist genauso schön wie im Film. Ihr Kleid zieren prächtige Pfauenfedern und eine Krone ihr Haar. Und mit ihrer wunderbaren Stimme singt sie ihre zwei Lieblingslieder. Sagi, der rote Pandabär begleitet sie. Sieh, hör und staune!
So träumt man unter Schleiern. Während man den Helden bedient, sehnt er sich nach blutigen Taten. Sie singt, singt den blinkenden Mond aus einem indischen Märchen.
*
Der Frühling kommt shoppen. Ein offenes und ein verschlossenes Gesicht gehen miteinander durch die Stadt. Wie gut sie ineinander passen.
Zauberhaft! Auch Prinzessin Luciana singt ihr Lied. Prinzessin Rosella und sie sind die besten Freundinnen geworden. Mit niedlichen Kätzchen.
Im Schaufenster ihrer Träume (Der Kapitän vom Traumschiff ist plötzlich Hotelbesitzer in Malaysia): so edel! Prinz Antonio lässt nicht nur Prinzessin Rosellas Herz höher schlagen. Casting oder Dating? Sing und spiel mit!
Rosella und Luciana lachen fröhlich auf, als sie die Kopftücher ins Niemandsland flattern lassen.

Der Fall-Manager schließt die Tür.-
Klaus Wachowski 19.2.2009 2.Fassung